nach dem Roman von Irmgard Keun
Fassung von Sibille Hüholt und Marc Lippuner
Theater Aachen
Premiere am 2. September 2007
Kostüme Renate Schwietert, Dramaturgie Sibille Hüholt
mit Johanna Falckner und Josephine Kühnast
Ein fast aus Versehen geklauter Pelzmantel katapultiert Doris, die ihr Leben als schlecht bezahlte Angestellte in einer rheinischen Provinzstadt fristet, in die Weltmetropole Berlin. In der großen Stadt, die vornehm ist mit hochprozentigem Licht und ganz übermäßiger Lichtreklame, will die junge Frau ihren Traum von Liebe, Luxus und Karriere verwirklichen: Ein Glanz möchte sie werden. Und irrt durch die Straßen und irrt sich in den Männern, die ihren Weg kreuzen, um letztlich mit ihrem geklauten Pelzmantel auf einem Koffer am Bahnhof Friedrichstraße zu sitzen und festzustellen, daß es auf den Glanz vielleicht gar nicht so ankommt.
Eine alte Frau findet in einem alten Koffer, der vollgestopft ist mit alten Kleidern, alten Kinoprogrammen, vergilbten Fotos und gelesenen Briefen, das Tagebuch einer Frau, die vor langer Zeit einmal jung gewesen ist. Beim Lesen der Tagebuchaufzeichnungen vergegenwärtigen sich die niedergeschriebenen Erinnerungen: Eine junge Frau wird mit einem geklauten Pelzmantel auf die Bühne katapultiert und, angezogen von dem Licht der Kronleuchter und Scheinwerfer, möchte sie nur eines: Ein Glanz werden. Erinnerung als Motiv und Motivation ist Ausgangspunkt der Inszenierung. Die Ebenen von Erleben und Reflexion greifen ineinander, und die Zeitebene wird dadurch aus den Angeln gehoben. Nur so wird eine Interaktion der beiden Spielerinnen möglich, werden Momente, die vor langer Zeit einmal stattgefunden haben, in ihrer Unmittelbarkeit und ihrer Vergänglichkeit greifbar.
Pressestimmen
Wo könnte man diese traurig-komische Geschichte besser als im Aachener Theatercafé zeigen, mittels eines schlichten Podestaufbaus, eines Riesenkoffers und des realen Treppenaufgangs? Mit Johanna Falckner als junge Doris und Josephine Kühnast als gealtertes Alter Ego wird die theatrale Umsetzung von Marc Lippuner ein kleines Bühnenfest voll zauberhafter Spielfreude, kessem, auch tragischem Wortwitz und darstellerischer Brillanz.
_Aachener Zeitung, 4. September 2007 (Auszug)
Josephine Kühnast weiß die kunstvoll private, kneipenfeste Irmgard-Keun-Sprache zierlich zu deklamieren, die Kostbarkeit jedes Wortes zu würdigen. Es weht der ferne, altmodische Duft eines vergangenen, mondänen Aachens hrüber, wenn sie vor dem alten Theatertreppenaufgang steht und den großen, schönen Text spricht, mit der gewärmten Ruhe eines Menschen, der die Aufregungen jener Zeit hinter sich hat. Johanna Falckner spielt neben ihr die junge Doris, und die beiden passen wie ein Reißverschluss zusammen. Falckners teeniehaft aufgekratzte Doris in eindrucksvoll kleidsamer 30er Jahre Mode balanciert zwischen Naivspielen und Naivsein, frechem Vorsatz und dem verfluchten weichen Kern. "Ich möchte eine Bühne sein", betet sie und ist sie auch.
_Moviebeta. Aachener Monatsillustrierte, Oktoberausgabe 2007 (Auszug)